Faktencheck gegen Wodarg: Wer hat Recht?
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Im März 2020 erschienen innerhalb einer Woche mehr als zehn Faktenchecks großer Medien, die nachzuweisen versuchten, dass Wolfgang Wodarg gefährliche Falschinformationen zur Coronakrise verbreite. Stichwortgeber damals war Karl Lauterbach. Wodargs Ruf wurde durch die einhelligen Faktenchecks zerstört, seither gilt er im Mainstream als unseriöser Außenseiter. Multipolar hat die damaligen Aussagen Wodargs und der Faktenchecker nun, mehr als zwei Jahre danach, einer Überprüfung unterzogen.
Der Arzt und langjährige SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg hatte bereits Ende Februar 2020 in einem Zeitungsbeitrag vor „Panikmache“ rund um das Coronavirus gewarnt. Auf Multipolar fand sein kritischer Text in der ersten Märzwoche mehr als 100.000 Leser. Das ZDF strahlte am 10. März einen Beitrag (Video) mit ähnlichem Tenor aus, in dem Wodarg ausführlich zu Wort kam. Doch einen Tag später erklärte die WHO das Geschehen zur „Pandemie“ – und die Stimmung drehte sich. Als Wodarg in der zweiten Märzwoche durch verschiedene Interviews auf Youtube schließlich ein Millionenpublikum erreichte und die Regierungspolitik, kurz vor Verkündung des ersten Lockdowns, massiv in Frage stellte, wurden die Faktenchecker aktiv.
Den Startschuss dafür lieferte Karl Lauterbach mit einem Tweet vom 16. März 2020, einem Montag:
„Ich sage das ungerne, aber es muss sein: der von mir eigentlich geschätzte ehemalige SPD Kollege Dr Wolfgang Wodarg redet zu Covid 19 blanken Unsinn. In ganz Europa kämpfen Ärzte um das Leben der Erkrankten. Wodargs Position ist unverantwortlicher FakeNews“
Unmittelbar darauf erschienen die Faktenchecks in rascher Schlagzahl von Dienstag bis Samstag:
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RBB, 17. März: „Geldgier und Panikmache?“ (Tamy Daum)
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Correctiv, 18. März: „Coronavirus: Warum die Aussagen von Wolfgang Wodarg wenig mit Wissenschaft zu tun haben“ (Frederik Richter, Bianca Hoffmann)
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WELT, 19. März: „Warum dieser Mann die Epidemie kleinredet“ (Nike Heinen)
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MDR, 19. März: „Sind die Maßnahmen gegen Corona übertrieben?“
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BR, 19. März: „Corona-Virus: Arzt setzt viele falsche Behauptungen in die Welt“ (Jan Kerckhoff, Susanne Delonge)
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SWR, 19. März: „Wird Corona überschätzt?“ (Veronika Simon)
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Stern, 19. März: „Wolfgang Wodargs steile Thesen im Faktencheck“ (Rachel Boßmeyer, Jan Ludwig)
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Spiegel, 20. März: „Die gefährlichen Falschinformationen des Wolfgang Wodarg“ (Julia Merlot)
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Tagesspiegel, 20. März: „Wolfgang Wodarg verbreitet Thesen, die wichtige Tatsachen ignorieren“ (Nina Breher, Sascha Karberg, Selina Bettendorf, Richard Friebe)
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NZZ, 21. März: „Welche Fakten der Corona-Verharmloser Wolfgang Wodarg verkennt“ (Stephanie Lahrtz)
All diesen Faktenchecks ist gemein, dass sie den Kernpunkt von Wodargs Kritik – nämlich fehlende Hinweise aus Monitoring-Instrumenten für die Ausbreitung einer bedrohlichen Epidemie – weder entkräften noch überhaupt erwähnen. Stattdessen greifen sie weniger wichtige Punkte auf und versuchen zum Teil mit fragwürdigen Argumenten, ein dramatisches Bild der Gefahr zu zeichnen, das sich später nicht bewahrheitete. Damit haben zahlreiche große Medien den öffentlichen Debattenraum nicht nur gefährlich eingeengt, sondern auch Falschinformationen verbreitet, die eine unverhältnismäßige Panik in der Bevölkerung und eine Spaltung der Gesellschaft massiv befördert haben.
Die Position Wodargs vom März 2020
Wodargs Hauptkritik, die die Faktenchecker verschwiegen, lautete, dass in den bewährten Monitoring-Instrumenten zur Überwachung der Ausbreitung von akuten Atemwegserkrankungen in Deutschland im März 2020 keine Anzeichen für eine kritische Lage vorlagen. Die Daten der Überwachung werden in den Wochenberichten der Arbeitsgemeinschaft Influenza zusammengefasst. Tatsächlich lag die Rate der akuten Atemwegserkrankungen und die Anzahl der Arztbesuche aufgrund derartiger Erkrankungen damals (und auch insgesamt 2020 und 2021) größtenteils unter den Werten der Vorjahre.
Auch das von ihm angeführte Instrument Euromomo, das die Übersterblichkeit in Europa überwacht, zeigte Mitte März 2020 noch keine auffällig hohen Sterberaten an. Daher warf er den Verantwortlichen vor, die extremen Einschränkungen der Grundrechte seien nicht gerechtfertigt.
Weiterhin kritisierte er, wie mit PCR-Tests die Sterberate ermittelt wurde. Er zweifelte die damals genannten sehr hohen Sterberaten an, da der Test vornehmlich bei Schwerkranken angewendet und dadurch die tatsächliche Gefahr der Krankheit überschätzt würde. Zudem sei unklar, ob der – nicht validierte – Test nur SARS-CoV-2 identifiziere oder auch andere SARS-Viren. Vor allem aber würde ohne den massenhaften Einsatz des Tests gar nichts besonderes bemerkt worden sein. Wodarg damals:
„Wir messen derzeit nicht die Inzidenz von Coronavirus-Erkrankungen, sondern die Aktivität der nach ihnen suchenden Spezialisten.“
Er ging davon aus, dass SARS-CoV-2 nicht gefährlicher sei als Grippeviren, da Coronaviren nichts Neues seien und selbst das neuartige Virus mit SARS-CoV-1 einen Vorgänger besäße, der sich zuvor weltweit ausgebreitet hatte. Er warf den politisch Verantwortlichen vor, sich bei ihrer Entscheidungsfindung zu sehr auf die Einschätzung von Virologen zu verlassen. Nur mit dem Vergleich epidemiologischer Daten – beispielsweise Krankenhaus- und Sterbefälle – aus den Vorjahren sei festzustellen, ob ein Virus gefährlicher ist als andere.
Schätzung der COVID-19-Opfer mithilfe der Übersterblichkeit
Doch selbst der untere Wert von 0,51 Prozent ist nicht der Weisheit letzter Schluss. So könnte die Ermittlung der Opferzahl von COVID-19-Erkrankungen durch das RKI aufgrund der Zuordnung aller positiv getesteten Sterbefälle, auch wenn sie beispielsweise durch Gewalteinwirkung gestorben sind, deutlich fehlerhafter sein, als es die Behörde zugibt.
Zwar stimmt die Anzahl der in einer von der WHO veröffentlichten Studie anhand der Übersterblichkeit geschätzten COVID-19-Toten in Deutschland von Januar 2020 bis Dezember 2021 in etwa mit der vom RKI im selben Zeitraum erfassten Anzahl der verstorbenen COVID-19-Fälle überein. Doch die aktuell in Deutschland auftretende, bisher nicht offiziell erklärte Übersterblichkeit weist darauf hin, dass noch weitere Faktoren außer COVID-19 für die Übersterblichkeit in 2020 und 2021 verantwortlich gewesen sein könnten.
Ein möglicher Grund könnten die Maßnahmen selbst gewesen sein. Denn nicht nur die Arztbesuche haben sich mit dem Beginn der restriktiven Einschränkungen der Grundrechte ab Mitte März 2020 drastisch reduziert. Auch die Krankenhausauslastung ist 2020 und 2021 um 13 Prozent und mehr im Vergleich zu 2019 zurückgegangen (siehe hier und hier). Der Rückgang ist größtenteils auf eine Nichtinanspruchnahme von Krankenhausleistungen zurückzuführen und nicht auf die Absage geplanter Eingriffe durch die Krankenhäuser. Es ist durchaus plausibel, dass unterlassene Früherkennung und aufgeschobene Behandlungen zu schwereren und tödlicheren Krankheitsverläufen geführt haben.
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